Der stellvertretende Provinzial Pater Mario Muschik CMM fand folgende Worte angesichts des Heimgangs von Pater Hermann Kraus:
Leben in Fülle – Erfülltes Leben
Liebe Mitbrüder, Sehr geehrte trauernde Angehörige von Pater Hermann,
Liebe Mitchristen, ich denke, danach sehnt sich wirklich jeder: Ein erfülltes Leben zu haben.
Ich bin der Überzeugung: Vor allem, wenn wir unsere Berufung leben, wenn wir einigermaßen dem Plan gerecht werden, den Gott für uns hat, dann wird unser Leben Erfüllung finden.
Auch Pater Hermann hatte diese Sehnsucht nach Erfüllung.
Schon in relativ jungen Jahren hatte er eine Ahnung davon, was seine Berufung ist, was ihm Erfüllung bringt.
Geboren war er am 22. Dezember 1934 in Großhöbing bei Greding. Ab der 6. Volksschulklasse durfte er ministrieren, und damals keimte in ihm der Wunsch, Priester zu werden. Dies brachte ihm bei seinen Schulkameraden den Spitznamen „Pfarrer“ ein. Damals lernte er unsere Gemeinschaft kennen durch einen unserer Mitbrüder, der an seinem Heimatort gelegentlich die heilige Messe feierte. Von diesem bekam er eines Tages den Mariannhiller Missionskalender und unsere Missionszeitschrift überreicht.
Sein langer Weg zum Priestertum, den er in seinen Lebenserinnerungen niedergeschrieben hat, liest sich richtig abenteuerlich. Da schreibt er, dass seine Familie, wann immer er seinen Wunsch äußerte Priester zu werden, ihn auf später vertröstete.
Einen Komplizen, der ihm half sein Ziel zu erreichen, fand er in seinem Heimatpfarrer. Dieser ermutigte ihn, wenn er wirklich Priester werden wolle, wenn dies nicht nur eine vorrübergehende Laune sei, dann sei dies seine Berufung, dann sei es Gottes Wille, dem er notfalls auch gegen den Willen der Familie folgen müsse. Ein Plan reifte: Der Pfarrer ermutigte ihn, einfach zur Spätberufenenschule aufzubrechen, die Sache mit den Verwandten würde er schon regeln.
An seinem nächsten Berufsschultag fuhr er nach dem Unterricht mit dem Zug nicht nach Hause, sondern nach Nördlingen und stellte sich in Reimlingen bei den Mitbrüdern vor.
Nachdem der Heimatpfarrer die Verwandten beschwichtigen konnte, durfte Hermann schließlich in Reimlingen bleiben.
Aber ach, er hat sich in Reimlingen versehentlich an der „falschen“ Adresse beworben: Er läutete nicht im Spätberufenenseminar, sondern hier im Missionshaus, wo damals die Brüderausbildung angesiedelt war. Die Mitbrüder dort erklärten ihm, wo er schon dort sei, solle er auch bleiben, Brüder würden auch dringend gebraucht.
Zunächst klang das durchaus überzeugend für ihn, und er wurde Ordensbruder. 1950 kam er in Reimlingen an, im September 1953 legte er die ersten Gelübde ab, und drei Jahre später die Gelübde auf Lebenszeit. In seinen ersten Ordensjahren trug er zeitweise den Ordensnamen Bruder Wunibald. Zunächst begann er eine Gärtnerlehre, bald darauf wurde er in der Druckerei eingesetzt, wechselte in die Setzerlehre und machte später seinen Meister. Für einige Zeit war er sogar Leiter der Setzerei.
Aber er merkte, dass ihn diese Arbeit nicht wirklich ausfüllte. Er ahnte, dass seine wirkliche Berufung noch eine andere sei. So nahm er an der „Theologie im Fernkurs“ der Domschule Würzburg Teil und schloss sich dem Bewerberkreis für das ständige Diakonat im Bistum Augsburg an. Der damalige Augsburger Weihbischof Schmid ermutigte ihn, den Weg zum Priestertum zu wählen. Der damalige Provinzial unterstütze seinen Wunsch, und so begann er schließlich Anfang 1977 im Spätberufenenseminar in Lantershofen im Ahrtal sein Studium. Seine Priesterweihe war am 17. Juni 1981 in Würzburg. Den Pastoralkurs absolvierte er an der Hochschule der Franziskaner und Kapuziner in Münster und war in dieser Zeit in der Pfarrei Mühlen im Oldenburger Land, in einem Bildungshaus im Bistum Osnabrück und am Ordensgymnasium der Kapuziner in Bocholt. Anschließend war er für ein Jahr Kaplan in Würzburg-Heidingsfeld St. Laurentius.
Mehrere Jahre, von 1982 bis 1987, hatte er die Aufgabe, die Freunde und Förderer unserer Gemeinschaft zu betreuen, und Förderertage als Einkehr-und Informationstage für diese zu halten.
Über viele Jahre hinweg war er Pfarrer von St. Barbara in Würzburg, von 1988 bis 2010. Danach zog er in unser Kloster in Würzburg, wo er eifrig am Gemeinschaftsleben teilnahm. Solange es ihm möglich war, half er auch nach seiner Pensionierung in der Pfarreiengemeinschaft „Unsere Liebe Frau“ St. Barbara mit.
Vor allem sein Dienst als Seelsorger in der Pfarrei brachte ihm große Erfüllung. Hier hatte er nun seine wahre Berufung gefunden.
Die letzten Monate verbrachte er nun bei bester Pflege im Missionshaus Reimlingen. Herzlichen Dank an alle, die während dieser nicht so einfachen Zeit für ihn da waren.
Erfüllung war für ihn niemals etwas nur Geistliches. Er hatte seine Freude daran, mit allen Sinnen die Fülle des Lebens zu erfahren. Dazu gehörte eine gesellige Runde mit seinen Mitbrüdern, seinen Verwandten, denen er zeitlebens sehr verbunden war, oder seinen Pfarrkindern. Dazu gehörten auch die klare Hühnersuppe, ein Schäufele mit ordentlicher Kruste und eine Halbe von seinem geliebten Scheyrer Bier. Das Bild vom Reich Gottes als Festmahl mit besten Speisen und feinsten Weinen, das der Prophet Jesaja zeichnet, war sicher ganz im Sinne von Pater Hermann.
Über seinen priesterlichen Dienst für die Menschen schrieb er in seinen ersten Priesterjahren: „Die Entscheidung, noch im vorgerückten Alter – ich bin inzwischen 50 Jahre alt – Priester geworden zu sein, sehe ich nach wie vor als den richtigen Weg an. Ich wusste und weiß mich von Gott geführt. Meine jetzige Aufgabe sehe ich als echten Missionsauftrag. Sie füllt mich ganz aus. Ja, ich kann sagen, dass sie mich ganz er – füllt.“
In seinem Einsatz als Priester sah er seine Berufung und seine Erfüllung. Durch seinen Einsatz als Priester hat er sich gemüht, Menschen zu Gott und damit zu einem erfüllten Leben zu führen.
Hoffen und beten wir, und vertrauen wir darauf, dass ihm Christus nun für immer die Fülle des Lebens schenken wird. Amen.