„Mein Leben war erfüllt, und ich bin zufrieden“, so schreibt Pater Rüdiger am Ende seines handgeschriebenen Lebenslaufes, den er uns hinterlassen hat.
Sein Leben war erfüllt, und ich denke, er hatte schon hier Teil an der Fülle des Lebens, die Jesus uns für immer zugedacht hat, als er davon sprach: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben, und es in Fülle haben.“
Wenn wir unseren Blick auf sein Leben werfen, auf die vielen anspruchsvollen, aber auch erfüllenden Aufgaben, die er zeitlebens innehatte, dann können wir das bestätigen.
Geboren war Pater Rüdiger am 1. August 1938 in Neisse in Oberschlesien. Im Jahr 1945 ist sein Vater im Krieg gefallen, und er musste mit seiner Mutter seine Heimat verlassen. Eine neue Heimat fand er in Gmünd bei Grafenwöhr, wo er auch die Volksschule besuchte. 1951 siedelte er mit seiner Mutter ins nahegelegene Grafenwöhr über. Zunächst besuchte er das Gymnasium in Amberg, und dann unsere Spätberufenenschule in Reimlingen, wo er 1959 sein Abitur machte.
Im gleichen Jahr begann er sein Noviziat in Mönchsdeggingen, das er im darauffolgenden Jahr mit der Ablegung der Profess in Brig in der Schweiz beendete. Zwischen 1960 und 66 studierte er Philosophie und Theologie in Würzburg und empfing 1966 dort die Priesterweihe. Gerne hätte er als Missionar in Zimbabwe gearbeitet, was leider aus verschiedenen Gründen niemals Wirklichkeit geworden ist. Sein Pastoraljahr absolvierte er am Pastoraltheologischen Institut der Pallottiner in Friedberg bei Augsburg, zugleich war er in dieser Zeit Kaplan in der Stadtpfarrei St. Simpert in Augsburg. Es folgten Seelsorgeeinsätze in Würzburg, in der Kurseelsorge in Bad Brückenau und als Assistent des Novizen Meisters in Brig in der Schweiz.
Ende 1968 kam Pater Rüdiger wieder nach Reimlingen, das nun für viele Jahre seine Heimat sein sollte. Zunächst war er Erzieher und Religionslehrer an unserem Internat. Um für diese anspruchsvolle Aufgabe gerüstet zu sein, belegte er in der Zweiten Jahreshälfte 1969 einen Kurs für Heimerzieher und Heimleiter in Köln-Porz. 1976 sollte das Internat und die Spätberufenenschule geschlossen werden. Daher machte Pater Rüdiger von 1975 bis 1976 ein Praktikum am Bischöflichen Jugendamt in Augsburg, und im Jahr 1976 war er für einige Monate als Referent am Aktionszentrum der Fachschule für Sozialpädagogik in Benediktbeuren tätig. Von 1976 bis 1988 war er Direktor des Bildungszentrums für Jugendseelsorge und Erwachsenenbildung St. Albert, das in den Räumen des ehemaligen Seminars entstand. Von 1976 bis 1982 war er zugleich Regionaljugendseelsorger. Das Bildungshaus war so ganz und gar sein Kind, mit Herzblut erfüllte er dort seine Aufgaben und setzte sich für das Bildungshaus ein.
Nach dem plötzlichen Tod des damaligen Provinzials Pater Hildemar Warning wurde er 1988 Provinzial der Missionare von Mariannhill, ein Amt, in das er in Folge mehrmals wiedergewählt wurde. 13. Jahre hatte er dieses Amt inne, ein Amt, dass er voll und ganz erfüllte, und dass auch ihm tiefe Erfüllung brachte. Wie kein anderer verstand er es, zu repräsentieren und die Mariannhiller nach außen hin gut zu vertreten. Nach innen hin war er sehr besorgt um seine Mitbrüder, und darum, dass es ihnen gut ging. Nach seiner letzten Amtszeit war er dann von 2001 bis 2004 Rektor des Studienseminars Aloysianum in Lohr am Main. 2014 bis 2018 war er Kurseelsorger in Bad Wörishofen und ist bis heute vielen Kurgästen als sympathisches Gesicht der Katholischen Kirche in Erinnerung.
Seine Gesundheit zwang ihn, im Jahr 2018 dieses Amt aufzugeben. Er kam wieder hierher nach Reimlingen, wo er die letzten Jahre seines Lebens verbracht hat.
Es war ein erfülltes Leben, so wie er selbst schrieb. Er hat in seinem Dienst als Priester und Seelsorger Erfüllung gefunden. Und er hat seinen Dienst mit Hingabe ausgefüllt zum Wohl der Mitbrüder und der Gläubigen. Zudem hat er auch immer wieder Initiative ergriffen und sich weitergebildet, damit er seine Aufgaben auch optimal erfüllen konnte.
Christus hat er verkündigt, für ihn hat er gelebt, in ihm hat er Erfüllung gefunden. Möge Christus ihm nun die Fülle des Lebens schenken, wie er es versprochen hat. Amen.
(Text: Pater Mario Muschik CMM, Stellvertretender Provinzial)