Bis heute suchen Angehörige aus der ganzen Welt nach Informationen zu Familien- Mitgliedern, die durch das NS-Regime verfolgt, deportiert und ermordet wurden. Dabei nutzen immer mehr Menschen das Online-Archive der Arolsen Archives: Die Zahl der Nutzer*innen stieg im Vergleich zum Vorjahr um 10,9 Prozent. In über 900.000 Sitzungen wählten Menschen den digitalen Zugang zu 32 Millionen Dokumente der Arolsen Archives, die zum UNESCO Weltdokumenterbe zählen. Durch die Crowdsourcing-Initiative #everynamecounts werden die Dokumentenbestände immer leichter für Nutzer*innen durchsuchbar gemacht: Mehr und mehr Informationen lassen sich durch eine einfache Schlagwort-Suche finden.
Immer weniger Anfragen von Überlebenden der NS-Verfolgung
Tausendende von Angehörigen und Überlebenden wenden sich jedes Jahr an die Arolsen Archives, um Auskünfte über Verfolgungswege zu bekommen. Mit über 15.500 Anfragen zu rund 23.000 Personen sank diese Zahl 2021 jedoch erstmals seit 2015 (– 8,3 Prozent zum Vorjahr). Während der Anteil von Angehörigen mit 75,5 Prozent leicht gestiegen ist, halbierten sich die Anfragen von Überlebenden im Vergleich zum Vorjahr. Angesichts des hohen Alters der letzten Zeitzeugen wird sich diese Entwicklung fortsetzen.
Fast die Hälfte der Anfragen kam aus Deutschland, Polen und Frankreich. Insgesamt konnten die Arolsen Archives bei mehr als zwei Dritteln der Anfragen Auskünfte in den Dokumenten finden und Informationen zu den Verfolgungswegen geben. Diese Zahl ist in den letzten Jahren weiter gestiegen, da die digitale Auswertung der Sammlung immer besser wird.
Großes Interesse bei jüngeren Generationen
Die große zeitliche Distanz zur NS-Verfolgung führt zu keinem sinkenden Interesse an dieser Epoche: Im Gegenteil – 75 Prozent der jungen Menschen in Deutschland interessieren sich für die NS-Zeit. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Rheingold-Instituts, die im Auftrag der Arolsen Archives die Haltung von
16- bis 25-jährigen zum Thema Nationalsozialismus untersucht hat. 49 Prozent der Befragten wünschen sich ein digitales und leicht verständliches Angebot, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Anfragen aus der Ukraine
Jedes Jahr erreichen eine große Anzahl von Anfragen aus allen Staaten der ehemaligen Sowjetunion die Arolsen Archives. Noch lässt sich nicht sagen, welche Auswirkungen der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine darauf hat: „Aktuell sehen wir bei den Arolsen Archives keinen Rückgang an Anfragen aus der Ukraine“, sagt Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen Archives. Die Entwicklung sei aber auf Grund der aktuellen politischen Lage unklar. „Die Erinnerungskultur der Ukraine ist durch den Krieg, durch den gewaltsamen Tod von Zeitzeugen und die Zerstörung von historisch bedeutsamen Dokumenten bedroht. Wir arbeiten mit daran, sowohl die Überlebenden und ihre Familien zu unterstützen als auch Archive bei der Sicherung der Sammlungen.“
Über die Arolsen Archives
Die Arolsen Archives sind das internationale Zentrum über NS-Verfolgung mit dem weltweit umfassendsten Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus. Die Sammlung mit Hinweisen zu rund 17,5 Millionen Menschen gehört zum UNESCO-Weltdokumentenerbe. Wichtiger denn je sind die Angebote der Arolsen Archives für Forschung und Bildung, um das Wissen über den Holocaust, Konzentrationslager, Zwangsarbeit und die Folgen der Nazi-Verbrechen in die heutige Gesellschaft zu bringen. Die Arolsen Archives bieten ein umfassendes Online-Archiv an, damit Menschen auf der ganzen Welt Zugriff auf die Dokumente haben und sich informieren können.