JOSEPH DER RECHTE MANN – 19. März 1885
Gehalten von Prior Franz am 19. März 1885 – „Josephsblättchen“ No 1 pro 85
Fecit me Deus Dominum
universae domus ejus…
pro salute vestra misit me
Deus ante vos in Aegyptum.
Am ägyptischen Joseph kann man am besten die Wege der göttlichen Vorsehung erkennen. Nachdem Joseph sich seinen Brüdern zu erkennen gegeben hatte, machte er ihnen klar, wie die Vorsehung an ihm alles gutgemacht hat, indem er ihnen sagte: „Gott hat mich zum Herrn des ganzen (königl.) Hauses gemacht… Für euer Wohl hat er mich vor euch nach Ägypten gesandt.“ Dasselbe kann man vom hl. Joseph sagen. 1. Gott hat ihn über die Hl. Familie gesetzt. 2. Er hat ihn unter die Heiden versetzt.
1. Joseph als Hausvater
Wenn Gott den hl. Joseph zum Herrn seines Haushaltes gemacht hat, so dürfen wir uns an ihm, wie am ägyptischen Joseph, keinen gebieterischen Mann vorstellen, sondern einen milden Hausvater, der mehr seine hl. Pflichten als seine Rechte im Auge behielt. Er hielt sich verpflichtet, seinen hl. Pflegesohn und dessen Mutter zu ernähren, zu kleiden und fürs Obdach zu sorgen.
Mit welchen Mitteln tat er dieses? Wir wissen aus der hl. Schrift, dass er ein Zimmermann war, und wir müssen annehmen, dass er nur mit dieser Handarbeit für sich und die Seinigen den Lebensunterhalt verschaffte. Wie tröstlich ist das für den Handwerkerstand. Dass der hl. Joseph keinen Feldbau getrieben hat, können wir fast gewiss annehmen, weil er so arm war, dass er sich keinen Grund und Boden erwerben konnte. Dass er mit Handel sich etwas verdient hätte, ist schon aus dem Grunde unwahrscheinlich, weil er die Zurückgezogenheit liebte und somit alles vermied, was einen häufigen Verkehr mit den Menschen forderte. Aber vielleicht hat der hl. Joseph sich mehr auf das Almosensammeln verlassen als auf seine Axt und Säge? Sicher hätte der demütige Mensch sich nicht zu betteln geschämt oder geweigert, wie der ungerechte Verwalter im Evangelium, aber der ehrliche und durchaus „gerechte“ Mann zog die schwere Handarbeit dem Betteln vor. Übrigens müsste das Betteln um Almosen für ihn doppelt hart gewesen sein, da er von königlichem Geblüte war und nun in Armut lebte. Solchen, wenn sie auch, wie der hl. Joseph, ohne Schuld verarmt sind, wird bei ihrer Not der Spott nie fehlen. Da wäre wohl wenig Mitleid für ihn zu erwarten gewesen. Wir müssen also annehmen und können fest glauben, dass sich der hl. Joseph nur mit seinem Handwerke gegen Hunger, Blöße und Not gewehrt hat. Wie lehrreich ist das für den Arbeiterstand, also auch für uns Trappisten!
Daraus können wir aber auch sogleich auf die Einfachheit seiner Lebensweise schließen. Schon sein Häuschen war höchst einfach. Um Material und Arbeit zu sparen, klebte er es wie ein Schwalbennest an den Felsen an. Und wie einfach muss es drinnen ausgesehen haben – die Hausmöbel, der Tisch, das Bett! Womit hätte er Prächtiges gekauft und Üppiges genommen? Und wie hätte der „Gerechte“ etwas Überflüssiges oder Luxuriöses dulden können? Sein Gewissen würde das nicht recht gefunden haben, es den Armen zu entziehen. Welche Predigt ist das für alle Arbeiter, Herrschaften und Trappisten!
Kommen wir in Not, zu wem sollen wir gehen als zu Joseph? Er weiß besser als jeder andere, was es heißt, mit schwachem Arm bis in die Tage des Alters seinen Lebensunterhalt zu erwerben, eine Familie zu ernähren und standesgemäß zu unterhalten. Wann wird die Welt es einsehen, dass sie zur Einfachheit zurückkehren muss, wenn bessere Zeiten kommen sollen? Ich glaube, das jetzige Geschlecht wird es nicht mehr einsehen. Deshalb wird die jetzige Generation auch umsonst auf bessere Zeiten warten. Hoffen und Harren macht manchen zum Narren. Darum nehmen sich heutzutage so viele das Leben. Das Harren auf bessere Zeiten macht sie zu Narren. Solches Harren ist auch töricht, wenn man nicht das tun oder lassen will, was zur Herbeiführung besserer Zeiten beitragen kann.
Wenn wir Trappisten uns mit dem hl. Joseph vergleichen, so befinden wir uns in weit besserer Lage als er. Uns steht nicht bloß die Handarbeit und das Handwerk zu Gebote, unseren Unterhalt zu erwerben, sondern wir haben dazu noch den Feldbau. Zu welch großem Dank sind wir somit Gott verpflichtet. Endlich steht uns noch der Weg zum Sammeln von Almosen offen. Allerdings wird unser Sammelbruder von manchen Türen barsch abgewiesen, und er hat alle Tage zu erfahren, dass es angenehmer ist zu geben als zu empfangen. Dafür wird er aber wieder entschädigt von guten, liebevollen Menschen, die ihn so herzlich aufnehmen und ihm alle mögliche Hilfe und Unterstützung angedeihen lassen. Wie viele gute Christen gibt es immer noch, die freudig ihr Scherflein für unsere Mission beitragen und sich glücklich schätzen, ihre Almosen in unsere Hände legen zu können.
Deshalb wollen wir aber auch freudig fortfahren, für unsere Wohltäter und Gönner unsere Bußwerke aufzuopfern und täglich unsere gewöhnlichen Gebete und hl. Messen zu verrichten. Denn durch die Almosen können wir unsere 60 armen Kinder ernähren und unzähligen Nackten zu Kleidern verhelfen, welche die ersten Bedingungen des Christentums sind.
2. Joseph als Missionar
Versetzen wir uns mit dem hl. Joseph und seiner hl. Familie in das Nil-Tal unter die Heiden, Götzenanbeter, Farbige. Wenn dem in Armut versunkenen Joseph nicht einmal in seiner Vaterstadt eine Tür geöffnet wurde, wenn seine eigenen Landsleute ihm eine ärmliche menschenwürdige Herberge verweigerten, was für ein Los wird den Fremdling erwartet haben in dem heidnischen Lande, mit dessen Einwohnern er nicht einmal dieselbe Hautfarbe hatte? Wir können mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass er nicht einmal einen Stall als Obdach gefunden hat, sondern sich unter Gottes freiem Himmel niederlassen musste. Und richtig, wenn man nach Ägypten kommt, so zeigen die wegweisenden Araber den Reisenden oder christlichen Pilgern einen „Mary-Baum“ und erzählen ihnen, unter diesem habe Maria und Jussuf (Joseph) logiert. Es ist dieser einer von jenen Bäumen, welche in jenem Lande immer wieder von neuem ausschlagen und sich verjüngen. Er steht unweit von der Stadt Heliopolis.
Meine lieben Brüder, wie reich waren wir damals im Vergleich zu Joseph, als wir nach diesem Teile in Süd-Afrika übersiedelten und auf dem Gras unter Zelten oder Fuhrmannsdecken unsere müden Glieder schlafen legten. Wahrscheinlich hatte der hl. Joseph keine Zeltdecken, die ihn vor brennender Sonne und Regenschauern schützten.
Aber diese Verlassenheit von allem nötigte ihn, sich ein einsiedlerähnliches Leben einzurichten und anzugewöhnen. Wir werden somit nichts Ungereimtes vorbringen, wenn wir sagen, der hl. Joseph hat die erste Einsiedelei, oder weil er mit seiner Familie lebte, das erste Klösterlein errichtet. Sollen wir es diesem Umstande zuschreiben, dass Ägypten nachher mit so vielen Einsiedlern bevölkert wurde, dass es zum Klosterleben das Fundament legte?
Der hl. Joseph hatte aber nicht bloß an seinen Unterhalt zu denken, und er dachte nicht bloß an seine und seiner Familie geistige Wohlfahrt, sondern er kümmerte sich höchst wahrscheinlich auch um das Heil seiner heidnischen Umgebung. Wegen seiner fremden Sprache und fremden Erscheinung erregte er sicher Aufsehen unter ihnen. Er, der in jeder Hinsicht „gerecht“ war, konnte gewiss nicht gleichgültig dabei bleiben, ob die Eingeborenen den wahren Gott und den neugeborenen Heiland kennen lernten oder nicht. Allerdings ist nicht anzunehmen, dass er im Lande herumging und von dem erschienenen Messias predigte. Dazu hatte er als Nährvater Jesu Christi keine Zeit und auch keinen Auftrag. Desto eifriger hat er das Gebetsapostolat geübt und zu Gott gefleht, dass das neue Reich Christi sich ausbreite und festigte, dass das des Teufels und der Sünde sich aber auflöse. Wie inbrünstig wird der fromme und gerechte Joseph alle Tage den Lobgesang des Zacharias wiederholt haben, besonders die Worte: „Erleuchte jene, die in Finsternis und Todesschatten sitzen, damit sie ihre Schritte lenken auf den Weg des Friedens und des Heiles!“
In diesem Sinne kann jeder ein Missionar werden und sein. Wie tröstlich ist das für alle Menschen, dass sie, wenn sie auch kein Geld haben, ein Heidenkind zu kaufen oder einen bisher Ungläubigen im Christentum erziehen zu lassen, doch mit ihren Gebeten zu deren Bekehrung beitragen und ihnen Beharrlichkeit erbitten können. Aber noch tröstlicher ist es für euch Trappisten in Afrika. Denn ihr habt auch, wie Joseph, eure Verwandten, euer Hab und Gut und euer Vaterland verlassen. Ja, ihr habt sogar einen Weltteil mit gemäßigtem Klima verlassen und kamt nach Afrika, in denselben Erdteil wie er, in eine so heiße Zone mit fast derselben Temperatur, unter der er lebte. Ferner, wie Joseph den farbigen Heiden den Heiland gebracht, so brachten wir Jesus an diesen Ort, wo vorher bloß Steinböcke, Leguane und Viehherden sich herumtummelten, indem wir hier ein Gotteshaus und einen Tabernakel als seinen Thron aufrichteten. Unsere Afrikaner wussten von dem Pflegevater und dem Jesuskinde so wenig, als vor 18 Jahrhunderten die Bewohner von Heliopolis im Niltale. Der Unterschied ist bloß der: Der hl. Joseph brachte Jesus, sein Licht und seine Gnade, den Afrikanern auf der nordöstlichen Spitze des Kontinents, wir aber jenen auf der südwestlichen. Er brachte nichts in dieses Land als wunde Füße und zerschlissene Kleider nach einer so langen und beschwerlichen Reise vom Judenlande. Wie wund eure Füße waren und wie zerfetzt eure Habite nach dem zweijährigen Kampfe mit den Dornen und Kaktussen an unserem früheren Aufenthaltsorte, ist jedem noch gut im Gedächtnis. Aber desto erfreulicher ist diese Rückerinnerung, wenn wir jetzt alle Tage erfahren, wie viele Siege uns Gott erringen lässt. Ist denn nicht jede Taufe eines Eingeborenen, die man bisher für unzugänglich und unbekehrbar hielt, ein Sieg der guten Sache, ja noch mehr, auch der Trappisten? Von ihnen hatte man schon geglaubt, sie hätten eine große Torheit begangen mit dem Verlassen von Bosnien und mit dem Übersiedeln von Dunbrody nach Natal. Ja, der hl. Joseph hat sich nicht nur als unser Nährvater erwiesen, sondern auch als unser Missionsbeistand. Er hat uns nicht umsonst beten lassen. Er kann in Wahrheit zu uns Trappisten sagen, was der ägyptische Joseph zu seinen leiblichen Brüdern sprach: „Pro salute vestra“ – Zu eurem Heile hat mich Gott nach Afrika (Ägypten) gesandt und zwar vor euch. Zu „eurem Heile“ heißt einerseits, zu eurer Versorgung, dass ihr in Afrika nicht verhungert, sondern an Joseph, der weiß, was es heißt, in Afrika in Not sein, einen Nährvater habt; anderseits zu eurem Beispiele, damit ihr an Joseph auch den Missionseifer erlernen könnt.
Deshalb wollen wir aber auch alles, was auf die Bekehrung und Christianisierung Bezug hat, unter den Schutz des hl. Joseph stellen: die Schulen, das Knaben- und Mädcheninstitut, den Predigtschuppen und später die Missionskirche. Der hl. Nährvater kann aber obengenannte Worte auch an die Afrikaner richten und sagen: Zu eurem Heile, zu eurem Besten an Leib und Seele hat mich Gott zu euch nach Afrika geschickt, damit ihr an mir einen Nährvater und Beschützer habt. Hoffen wir, der hl. Joseph werde in Deutschland recht viele Herzen rühren, dass sie unseren Eingeborenen zu Kleidern, zu ordentlichen, menschenwürdigen Häusern und zur Erlernung von Handwerken, besonders seines geliebten Zimmerhandwerkes verhelfen, indem sie ihnen das leisten, was sie in ihrer Not und Unbeholfenheit nicht leisten können.
Hoffen wir endlich, dass der große Nährvater der Christenheit und Patron der ganzen hl. Kirche uns allen zu einem verdienstreichen Tode verhelfe. Amen.
DER STILLE HL. JOSEPH – 19. März 1886
Gehalten von Prior Franz am 19. März 1886 – „Josephsblättchen“ No 6
Wenn man ein großes Werk gründen will, sucht man einen Protektor oder Beschützer für dasselbe. Dazu wählt man einen mächtigen, einflussreichen Mann, der ihm Schutz zu verschaffen vermag. So hat jeder bedeutende Verein einen Protektor. Auch unser Orden hat einen Protektor in der Person eines Kardinals. Je größer das Werk ist, das beschützt werden soll, desto größer ist die Ehre für den, der als Protektor für dasselbe erwählt wird.
Nun ist der hl. Joseph als Protektor oder als Patron der ganzen hl. Kirche ernannt und auserwählt worden. Die hl. Kirche ist aber das größte Werk, das auf Erden gegründet ist. Schon daraus kann man erkennen, wie groß der hl. Joseph sein muss. Darum findet es die hl. Kirche auch für passend, dass ein ganzer Monat seiner Verehrung geweiht wird. Deshalb geben wir ihm in der Litanei die glorreichsten und rühmlichsten Titel. Zu allen diesen Titeln möchte auch ich ihm einen geben, und zwar: „Du stiller Joseph!“. Auch dieses, dass er still war, hat nicht wenig zu seiner Größe, zu seiner Heiligkeit beigetragen. Untersuchen wir nun sein Stillsein. Darin liegt bewunderungswürdige Tugend. Sehen wir nun wie.
Als der hl. Joseph die Mutterschaft Mariens, seiner Verlobten, wahrnahm, wollte er sie still entlassen; als er vom Engel aber über das Geheimnis aufgeklärt worden war, nahm er Maria still zu sich. Weltlich Gesinnte verhalten sich ganz anders, wenn ihnen etwas Unerklärliches oder gar Geheimnisvolles bei anderen Mitmenschen auffällt. Das erste ist, dass sie von Haus zu Haus laufen und alle aufmerksam machen, und so in allen die Neugierde erregen. Das weit Ärgere ist, dass sie aus ihren Reden schon allerlei Argwöhnisches durchblicken lassen und ganz unbegründete Urteile fällen. Da heißt es: „Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen. Wie erklärt ihr euch dieses? Wie kommt euch das vor an dieser Person? Diesen Menschen muss man gut im Auge behalten.“
Als der scharfe Befehl vom Kaiser Augustus kam, sich in der Ahnenstadt oder am Stammorte aufzeichnen zu lassen, nahm Joseph mit Maria still den Befehl an und zog hin nach Bethlehem. Wieviel hätte es da zu reden gegeben, zu entschuldigen, zu kritisieren, zu klagen über die Härte des Befehls? Aber Joseph ist still. Ein solches Stillsein ist jetzt den Leuten ganz abhanden gekommen. Seit die Fürsten dieser Welt den Glauben verloren, haben die Untertanen zu ihnen das Vertrauen eingebüßt und wollen alles, was solche glaubenslose Regierungen anbefehlen, kontrollieren und kritisieren. Jetzt, weil man Konstitutionen gegeben hat, will jeder reden, stillsein will niemand mehr.
Dann, in Bethlehem angekommen, waren nach dem Berichte des Evangeliums alle Türen verschlossen. Wahrscheinlich erschienen Maria und Joseph den Bürgern von Bethlehem zu ärmlich und unansehnlich. Man hört aber den guten Joseph nicht klagen, obwohl er seine schwache Gefährtin nicht unterzubringen weiß. Still geht er seines Weges, bis er im Stalle außerhalb der Stadt einen Schutz vor dem größten Ungemach des Wetters und ein wenig Stroh gefunden hat. Der stille Joseph klagt weder über die Vorsehung Gottes, noch über die Regierungsbefehle, noch über die Unarten alter Freunde. Er ist still. Und nachdem an dieser Stelle ihrer Nachtherberge Maria ihren Erstgeborenen auf Stroh gebettet, da sinkt Joseph in staunende, stille Anbetung. Und als himmlische Heerscharen diesen unansehnlichen Stall schon umkreisten, um Gott in der Höhe zu lobpreisen, als von der Nachbarschaft schon Hirten eintraten, in das Lob der Engel einzustimmen, ja sogar bis vom fernen Morgenland die Weisen herankamen, diesem Kind ihre Huldigung darzubringen, da wäre es gewiss nach menschlichem Urteile an der Zeit gewesen, den Mund zu öffnen und diesen Besuchern manches mitzuteilen von seinen Erlebnissen mit Maria und von sich selbst. Aber nein, Joseph bleibt still. „Et silui a bonis“, (auch vom Guten schwieg ich). Jetzt wäre für Joseph der Zeitpunkt gekommen, von sich reden zu machen, Aufsehen zu erregen, aus seiner Verächtlichkeit herauszutreten. Er hätte die Bürgerschaft nur aufmerksam machen müssen auf die hohen Besuche, deren seine Familie gewürdigt worden – aber nein, Joseph bleibt still, er verlässt den Stall nicht. Er verharrt in seiner stillen Anbetung. Und die Geschichte beweist, dass das Stillschweigen des hl. Josephs das einzig Richtige war, sowohl für seine Tugend, als für die Sicherheit des Kindes.
O wie oft bekommen Seelen von Gott große, verborgene Gnaden, aber durch ihre geschwätzige Eitelkeit und eitle Geschwätzigkeit verderben und verlieren sie alles wieder.
Als die Zeit herankam, das Kind nach dem Gesetze im Tempel darzustellen, und der greise Simeon und die alte Anna durch Offenbarung es erkannten und mit Lob- und Segenssprüchen überhäuften, da sollte man glauben, es sei für Joseph der Augenblick gekommen, sich vorzudrängen und sich als den glücklichen Nährvater des Kindes vorzustellen. Doch nein, Joseph steht still dabei, nicht wie eine Hauptperson, sondern wie etwa ein ganz untergeordneter Diener im Gefolge seiner Herrschaft, als wenn er bloß als Zimmerdiener von der Mutter des Kindes angestellt sei. Joseph steht im großen, herrlichen Tempel wie im Stalle ganz im Hintergrunde und ist still, sich unwürdig haltend, Jesus und Maria so nahe zu stehen.
Unsere höchste Bewunderung aber erreicht sein Stillsein in jener Nacht, wo er vom Engel die Mahnung zur Flucht bekommt. Kein Laut des Zagens, der Angst oder Klage kommt über seine Lippen. Keine Entschuldigung wegen der unheimlichen Nacht, wegen Unkenntnis des Weges, des Landes, kein Bedenken wegen der Reisemittel, des Lasttieres, wegen Unterkunft, wegen des Volkes, kommt über seine Lippen. Er ist still, nimmt still sein Reisekleid, sein Lasttier, setzt das Kind und dessen Mutter darauf, empfiehlt sich dem Schutze Gottes und geht still dahin auf dem Wege in der Richtung nach Ägypten. Und ebenso still kehrt er wieder zurück nach Israel auf den Wink des Engels und nach Galiläa, auf dessen abermaligen Befehl. Da wäre doch viel zu fragen, ja zu klagen gewesen, unter solchen Umständen einen solchen Befehl ausführen zu müssen.
Bekommt ein Trappist schwerere Befehle als Joseph? Aber solche Befehle still annehmen, das kennzeichnet den guten Trappisten. Dagegen reden und klagen kann jedes alte Weib, aber stillsein und vollbringen, das ist die Sache eines schweigsamen Trappisten.
Wenn wir von dem ganzen verborgenen Leben der hl. Familie während ihres Aufenthaltes in Ägypten und später in Nazareth vor und nach ihrer Osterwallfahrt nichts wissen, so kommt das höchstwahrscheinlich daher, weil Joseph die ganze Zeit sich so still verhält, lieber sich verbirgt, als sich selbst durch Reden, Besuche und Unterhaltungen mit der Außenwelt bemerkbar macht. Wie viele Tugenden liegen in diesem Stillsein!
Nur einmal war er nahe daran seinen Mund zu öffnen, damals nämlich, als sein zwölfjähriger Sohn ihn verlassen und ihn zum Suchen nach ihm gezwungen hatte. Doch auch da hielt er es für besser, still zu sein und seiner Mutter die Frage zu überlassen: „Sohn, warum hast du uns das getan?“ Gerade bei solchen verdrießlichen Anlässen ist der Mensch geneigt zum Klagen und zu Vorwürfen. Joseph bleibt aber beim Wiederfinden des Kindes ruhig und still.
Überhaupt wieviel Interessantes hätte uns der hl. Joseph von der Kindheit und Jugend Jesu in Ägypten erzählen können. Ja sogar ein Evangelist seiner Jugend hätte er werden können, aber er zog es vor, die Worte des Psalmisten auf sich anwenden zu dürfen: „Auch vom Guten habe ich geschwiegen.“ Wie viele heldenmütige Tugenden liegen darin! Er hätte sich mit allem Rechte als den einzigen Beschützer und Retter des Jesuskindes zeigen können. Welche Ehre! – Als es bekannt wurde, dass der bayrische Gesandte Graf Spaur dem großen Papste Pius IX. in der Nacht Hilfe leistete, um aus den päpstlichen Gemächern zu entkommen und unversehrt nach Gaeta zu flüchten, dankte ihm die ganze Christenheit. So lange es eine Kirchengeschichte gibt, wird der Name des Retters Pius IX. rühmlich genannt werden. Aber Joseph sprach nichts von sich. Welche Demut! Und als Opfer der Ungerechtigkeit, als Märtyrer seiner Treue zu gelten, ist eine neue Ehre vor den Menschen. Joseph hätte bloß seine Verfolgungen und Strapazen veröffentlichen brauchen, man hätte ihn bewundert. Aber er bleibt lieber still.
Siehe Christ, willst du groß sein wie Joseph, so sei still wie er. Mache dich nicht groß und klage auch nicht. Kommt ein recht dickes und schweres Kreuz auf deine Schultern, gehe ja nicht zur Welt, um Trost zu betteln, sondern sei still, ganz still. Hast du eine Gitarre oder Zither an der Wand, oder gar einen Flügel im Zimmer, dann fange an zu singen oder zu spielen das schöne Liedchen: „Nur stille, ja nur stille, mäuschenstille, – dass stets nur Gottes Wille sich erfülle.“
In dem Stillsein des hl. Joseph ist nicht bloß tiefe Demut, sondern auch Gleichmut und Verachtung des Irdischen enthalten. Als der Befehl an ihn erging, nach Ägypten zu flüchten, da fragte er nicht erst, was mit seinem Häuschen in Nazareth geschehen sollte; er konnte es nicht erst durch ein Telegramm einem guten Freunde zur Bewachung übergeben. Still legt er dies und all seine Habseligkeiten in die Hände Gottes.
Wie besorgt ist ein noch weltlich gesinnter Novize wegen der paar Kleider, die er ins Kloster gebracht hat, sie möchten ihm nicht genug gelüftet und gebürstet werden, für den Fall seiner Rückreise in die Heimat! Wie mag der hl. Joseph nach langer Abwesenheit sein Häuschen und Gärtchen angetroffen haben? Wahrscheinlich hatte ihm der Wind die Ziegel vom Dache getragen, böse Buben ihm die Fenster eingeworfen, Diebe allen Hausrat herausgeholt und die Hennen des Nachbarn sein Gärtchen zerkratzt. Wahrscheinlich lag der Gartenzaun am Boden und die Fruchtbäume gebrochen. Wie viele Ursachen der Unruhe, Klage, Betrübnis! Doch Joseph bleibt still.
O möchten wir doch lernen, still zu sein wie Joseph! So still sein können, ist soviel wie heilig sein. In diesem Sinne ist es ein großes Lob zu hören: „Dieser ist ein stiller Pater, ein stiller Bruder.“ Ein stiller Ordensmann ist gewiss echt demütig und geduldig, verletzt und beleidigt niemanden und klagt über nichts. Umgekehrt ist aber auch wahr: Wer weitschweifig ist im Reden, wer geschwätzig ist, redet entweder oft über sich und eigene wahre oder eingebildete Vorzüge oder er redet oft über und gegen andere oder er beklagt sich über viele Dinge. Um still zu sein, muss man tugendhaft sein.
Nur eine Art von Stillsein ist verdächtig, wenn man nämlich still ist aus Zorn oder Empfindlichkeit. Die Franzosen und die Schlangen pfeifen, wenn sie wild sind; die Empfindlichen werden still. Dieses Stillsein ist das gefährlichste. Solche stille Wässerlein fressen tief in die Erde hinein und unterwühlen ein ganzes Haus. Solche machen ein friedliches Zusammenwohnen im Kloster wie in der Welt unmöglich.
Noch gibt es eine Art von Stillen, jene nämlich, welche sich still verhalten in Gesellschaften, damit man ihnen ihre Unwissenheit nicht anmerke, also aus Mangel an Demut. – Das einzige und rechte Stillsein lehrt uns der hl. Joseph. Das hat ihn aber auch so groß gemacht. Möchten alle Menschen das von ihm lernen! Wir, dann sind wir die richtigen Trappisten; und die Weltmenschen, dann gäbe es nicht so viel Elend. Denn das größte und schwerste Kreuz machen sich ja doch die meisten Menschen, weil sie nicht still sein können, sich zuviel rühmen , zuviel von sich reden, soviel über andere und gegen andere reden und soviel klagen.
O hl. Joseph, lehre und zeige uns das rechte Stillsein. Dann werden wir einst ewig mit dir im Himmel Gott loben und alle Stillen sich miteinander freuen.
GEDENKEN AM TAGE DES HL. JOSEPH – April 1887
Von Abt Franz Pfanner – (St. Josephsblättchen No. 2, April 1887)
„Fecit mihi magna, qui potens est.” (Der Mächtige hat Großes an mir getan.) Wenn die hl. Schrift dem hl. Joseph den Ehrentitel „gerecht“ gibt, so will sie ihm alle erdenklichen guten und schönen Eigenschaften beilegen. Ich will all dieses Schöne an Joseph in zwei Wörtlein zusammenfassen und sage: Joseph war groß – Joseph war klein. Weil er so klein war, wurde er so groß. Der Hauptinhalt des Magnificat (exaltavit humiles) ist nach Maria an niemand mehr in Erfüllung gegangen als an Joseph. Gott erhöhte ihn (exaltavit), weil er so demütig – niedrig (humilis) war.
Joseph war groß. Gott legte ihm die größten Ämter auf, die allergrößten. Bei weltlichen Königen heißen jene, welche die vornehmsten Ämter bekleiden, Minister, was nichts anderes als Diener bedeutet. Und doch stehen solche Diener der Monarchen hoch, sind diese Minister groß, weil ihnen große Dinge anvertraut sind.
Bei dem jungen Könige, dem Joseph beigegeben wurde, ist er Minister des Innern; denn er hat alles im Innern seines Hofes zu besorgen. Er ist Minister des Äußeren, indem er nach außen zu unterhandeln und vorzusehen hat. Irdische Monarchen haben sogar eigene Finanzminister, welche die Staatsgelder und öffentlichen Güter zu verwalten haben. Wenn es an dem königlichen Hofe des Sohnes Gottes in Bethlehem und Nazareth etwas zu verwalten gegeben hätte, so wäre es bloß Joseph anvertraut worden; denn der war durchaus ein kluger und getreuer Knecht (fidelis servus et prudens). Joseph war durch Gottes Engel selbst zum großen Botschafter nach Ägypten, zum Oberwachtmeister des schwachen, unmündigen Königs auf seiner gefährlichen Flucht bestellt. Er sollte als vorsichtiger Polizeichef das so teure Leben des jungen Königs schützen. Er sollte alles Große und Schwierige allein ausführen und zwar an dem größten Könige, der je unter Sterblichen erschienen ist.
Doch damit noch nicht genug. Gott verlieh ihm auch jene Ämter, welche das größte Vertrauen erfordern. Joseph war nicht bloß der größte Minister, er war auch auserwählt als intimster Diener des neuen Königs. „Et constituit eum supra familiam suam“, er stellte ihn auch über dessen Familie. Joseph war beim Jesuskinde auch der eigentliche Leibdiener, oder sagen wir Oberkammerdiener. Er war der unmittelbare Mundschenk des neugebornen Königssohnes. Dienste, welche Monarchen nur ganz intimen Dienern an ihrem Leibe tun lassen, hatte Joseph an Jesus zu verrichten.
Setzen wir nun den Fall, der mächtige Kaiser von Deutschland sendet seinen eigenen Prinzen, dass er seine Regierung antrete, und er bestimmt ihm selbst alle seine Minister und Diener, Leib- und Hausdiener. Aber er gibt ihm keinen seiner hohen Beamten, keinen der Minister, keinen seiner Statthalter oder Gouverneure, keinen seiner großen bewährten Generäle, keinen seiner Sicherheitswache, er ruft keinen seiner Botschafter oder Gesandten von fremden Höfen, alle diese überspringt er; ja noch mehr, auch von seinen Leibdienern, Kammerdienern und feinsten Lakeien gibt er keinen dem jungen Herrscher, sondern er ruft einen Mann von der Provinz, von einem unangesehenen, sogar verachteten Dorf, und zwar vom Handwerker- oder Arbeiterstand, einen mit rauhen Schwielen bedeckten Mann. – Und diesem vertraut er alle diese Ämter an, er setzt ihn über alles Wichtige und Unwichtige. So machte es der himmlische Vater mit Joseph. Heißt das nicht in Wahrheit: „Deposuit potentes de sede et exaltavit humiles?“ (Die Mächtigen warf er vom Throne und erhob die Niedrigen.) „Dispersit superbos mente cordis sui“ – Er zerstreute, die stolzen Herzens sind.
Ja, Joseph konnte mit Recht sagen: „Fecit mihi magna qui potens est.“ Aber warum erhob der Mächtige den hl. Joseph so hoch? Weil er so klein war. – „Exaltavit humiles.“ Den Niedrigen, den Demütigen erhob Gott. So war Joseph schon bevor er alle diese Ämter bekam. Er blieb aber auch so. Zu allererst finden wir ihn in dieser Demut bei der Geburt Jesu in Bethlehem. Als die geringen Hirten in den Stall traten, da fanden sie Joseph nicht wie einen, der da alles zu ordnen hat, am ersten Platze, sondern seitwärts von Ochs und Esel. Er stellte sich gleichsam in den Winkel. Er will nichts gelten. Er macht sich ganz klein. Als dann die Zeit gekommen war, in den Tempel hinaufzugehen, und Maria ihr Kind den Priestern darstellte, als sie zu tun hatte mit dem greisen Simeon und der Prophetin Anna, da erscheint Joseph so am Rande, als ob er ganz und gar eine Nebenperson wäre, wie etwa wenn beim Zusammentreffen einer Herrschaft mit einer anderen der „Johann“ gebeugten Leibes hintenan steht. Und erst auf der großartigen Flucht nach Ägypten? Was für einen Hofstaat entfaltete er da? Er reist da im strengsten „Inkognito“. Deshalb kann er auch überall frei passieren. Man sieht es ihm an, dass er keinen Denar in der Tasche hat.
Stanley (der große Afrikaforscher) S. 216 wäre da mit seinem großen Tross an Leuten und Waren nicht ohne Steuer durchgekommen durch diese wilden Leute oder feindseligen Häuptlinge an der afrikanischen Grenze. Reist ein Großer oder Mächtiger dieser Erde im strengsten Inkognito, da kennt man wenigstens an dem Gefolge seiner Diener oder doch an dem äußeren Benehmen seiner Dienerschaft, dass er ein großer Herr sein müsse.
Joseph aber ist selbst der Küchenmeister, er macht selbst den Kammerdiener des Königs, den er führt. Und noch nie habe ich auf einem Gemälde von der Flucht nach Ägypten mehr als drei Leute gesehen. Noch nie hat auch der fantasiereichste Maler dem hl. Joseph einen Afrikaner beigegeben, um dessen Lasttier zu leiten. – Nein, Joseph der große Mann, macht selbst den Eseltreiber ebenso gut als den Parlamentär.
Versetzen wir uns schließlich mit ihm in seine Heimat – nach Nazareth. Da gilt er wenig oder nichts, weil er so klein, so gering vor seinen Mitbürgern erscheint, so dass, wenn diese von Jesus später sprechen, sie mit Geringschätzung von ihm sagen: Er ist ja nur des Josephs Sohn – des Zimmermanns. Bald tritt er ganz vom Schauplatze, ohne dass man es merkt. Er macht sich so klein, dass man ihn nicht mehr sieht.
Das war aber der Grund – seine selbstgesuchte Niedrigkeit –, dass Gott solche Gewalt ausübte durch Josephs Arm, besonders bei der gewaltigen Verfolgung des Herodes. (Fecit potentiam in brachio suo). Gott hat seines Dieners Niedrigkeit angesehen (respexit humilitatem servi sui).
Aber weil Joseph alle Ämter der Macht und alle Dienste des Vertrauens bei Jesus verwaltet hat, so fasst auch kein Heiliger alle Eigenschaften eines Allerweltpatrones in sich, wie der hl. Joseph. Deshalb hat ihn die hl. Kirche zu ihrem eigenen Schirmherrn oder zum Patron der ganzen hl. Kirche ernannt. Er ist der Patron nicht bloß aller Laien, sondern auch aller Priester und Klosterleute, aller weltlichen und kirchlichen Fürsten, aller Kardinäle und Päpste. Ja, alle Staatsminister könnten von Joseph lernen und dürften ihn zum Patron wählen.
Aber Josef ist nicht schon als solch ein Patron geboren, sondern er musste es erst werden. Eine Gräfin wird schon als solche geboren, muss es nicht erst werden. Welche Verdienste braucht es, um Bischof zu werden, aber auf 200 Bischöfe kommt erst ein Kardinal und auf 72 Kardinäle erst ein Papst. 300 und etliche sechzig Päpste sind bisher gewesen, nicht geboren, sondern geworden. Joseph, Schirmherr der hl. Kirche und Beschützer des Jesuskindes, gibt es nur einen – und der ist es geworden. So groß ist er geworden, weil er sich so klein gemacht hat.
Und wir garstige Erdwürmer möchten stets schimmern wie Glanzkäfer. Wo ein höherer Stuhl steht, da spekulieren schon zehn darauf. Jeder möchte bei der Musik den Taktstock führen. Man will nur zuvorderst stehen, Aufsehen erregen, gesehen sein und gelten!
HEILIGER JOSEPH JETZT GILT’S!– März 1887
Von Abt Franz Pfanner (St. Josephsblättchen No. 1, März 1887)
Bisher hatte das Eisenbahnstädtchen Pinetown, das schon Kirchen und Gotteshäuser mehrerer Sekten in sich fasst und sogar mit einer neugebauten Loge beglückt ist, weder eine katholische Kirche, noch Schule, weder Kirchhof noch einen ständigen Priester. Es hat also nichts, was den Katholiken im Leben und Tod wert und teuer ist.
Da wir in diesem Pinetown so oft zu tun haben, wenigstens täglich einmal die Post von dort holen müssen, dachte ich mir: warum soll denn die einzig wahre Kirche hier gar nicht vertreten sein und wir da hintenan stehen müssen? Warum katholische Kinder in protestantischen Schulen, katholische Leichen auf protestantischen Friedhöfen, warum soll dem lieben Jesus in dem schönen Pinetown gar kein Plätzchen, nicht einmal soviel als in Bethlehem gestattet sein? Warum sollten wir uns nicht die Mühe machen, täglich einen Priester dorthin zu senden, um das heilige Opfer darzubringen? Und da ich nicht weiß, wohin ich so viele Schwestern gebe, warum sollten nicht einige dort residieren, Schule halten, die katholischen wie protestantischen Kranken besuchen und ein katholisches Leben dort anregen?
Flugs ging ich, einen Baugrund bei der Bahnstation anzusehen und zu kaufen. Alles übrige muss der hl. Joseph tun. Darum wollen wir ihn besonders in diesem Märzmonate bitten. Die Bitte ist dreifach: Er soll uns eine Person zuführen, welche uns den Baugrund bezahlt (das sind 75 englische Pfund); eine zweite Person, die uns die Kirche (Kapelle) bestreitet (das sind 190 englische Pfund); und eine dritte, welche uns Schule und Schwesternhaus herstellt (das sind 360 englische Pfund).
Die Schule soll der hl. Scholastika, der leiblichen Schwester des hl. Benedikt, geweiht sein, die Kirche dem hl. Antonius, der im entgegengesetzten Teile von Afrika das Heidentum angegriffen hat.
Wir beten in diesem Josephsmonat täglich, und unsere Missionsschwestern das ganze Jahr folgende St. Josephs-Litanei:
Heiliger Joseph!
Du hast Maria und Jesus das schöne Häuschen in Nazareth gebaut!
Bitte für uns!
Du hast ihnen in Bethlehem im Stalle ein Obdach hergerichtet!
Du hast deinem Kinde und dessen Mutter in Ägypten Unterkunft verschafft!
Heiliger Joseph, unser Baumeister!
Du hast dein hl. Kind in allem Guten unterwiesen!
Du hast ihm eine hl. Hausregel vorgezeichnet!
Du hast mit Jesus und Maria in mehr als klösterlicher Zurückgezogenheit gelebt!
Hl. Joseph, du vollkommener Novizenmeister!
Du bist als der erste Glaubensprediger zu den Schwarzen Afrikas gegangen!
Du hast den ersten Heiden von Jesus, deinem Pflegesohn gepredigt!
Du hast den ersten Afrikanern das Senfkörnlein des Christentums eingesenkt!
Hl. Joseph, vollkommenster Missionar!
Heiliger Baumeister, baue deinem Sohne große Häuser!
Heiliger Novizenmeister, bilde deinem Sohne gute Novizen (Novizinnen)!
Heiliger Missionar, bekehre deinem Sohne viele Irr- und Ungläubige!
Bitte für sie!
Heiliger Joseph, für unsere Zulu –
Bitte für sie!
Heiliger Joseph, beschütze unsere lieben Kinder, wie du einst das holde Jesuskind beschütztest!
Bitte für sie!
O du Lamm Gottes …
Damit ist es aber noch nicht abgetan. Seit der Gründung von Reichenau am Polelaflusse haben wir folgende Erfahrung gemacht:
Wenn unser Ochsenwagen mit 18 Ochsen bespannt von unserem Kloster nach Reichenau Frachten fährt, hat er gewöhnlich 10 – 12 Tage zu fahren, obwohl man mit einem guten Pferde in zwei Tagen hinkommt; denn es sind 125 engl. Meilen (etwa 42 Stunden). Da ist es sehr angezeigt eigene Mittelstationen zu haben, wo unsere Brüder und Patres übernachten, sich wieder stärken und nach schwerem Regen wieder trocknen können. Zudem ist auf der ganzen Strecke dichte Kaffernbevölkerung. Wir entschlossen uns deshalb, in der Nähe des Landstädtchens Richmond (9 Stunden von uns entfernt) an der Straße nach dem Polela einen kleinen Besitz zu kaufen, und dort eine Schwesternniederlassung zu gründen. Und als wir mit diesem Gedanken umgingen, meldete sich ein Herr, der gerade am gewünschten Platze seinen Besitz verkaufen wollte. Er hat zwar nicht viel Grund und Boden, höchstens etwa 22 österreichische Joch (80 preußische Morgen), aber viele Gebäulichkeiten und ausgedehnte Gärten mit allerlei deutschen Obstbaumgattungen wie Äpfel, Birnen, Kirschen, Zwetschgen, etc. Da der Besitz sehr hoch gelegen ist, wachsen nicht nur alle europäischen Obstsorten dort, sondern auch herrliche, mehlreiche Kartoffeln, ohne die einmal deutsche Leute nicht mehr leben können. An Getreide wachsen dort alle Sorten. Der Gebäude sind so viele, dass zur Errichtung einer Mission und Schule alles vorhanden ist und die Schwestern bloß einziehen müssen.
Wir waren mit dem Eigentümer dieses schönen Besitzes bald einig, weil er als kinderloser Mann lieber in den Goldfeldern spekulieren will. Jetzt brauche ich schon wieder den hl. Joseph, dass er mir bezahle. Wem wird er es ins Herz geben, dass er uns die 800 engl. Pfund bezahlt? Wir haben diese Station Einsiedeln genannt, in der Hoffnung, es möge von diesem Orte Kultur und Christentum sich so rasch ausbreiten, wie es von dem weltberühmten Einsiedeln in die schweizer Berge ausging. Vielleicht findet sich jemand von den unzähligen Einsiedler Wallfahrern, der zur Danksagung erlangter Gnaden ein neues Einsiedeln in den Bergen von Natal zu stiften sich angezogen fühlt.
In der Osterwoche werden zwei große Schwärme von Mariannhill ausfliegen. Der eine, aus sechs Schwestern bestehend, wird nach der ersten Tagesreise in Einsiedeln sich niedersetzen, der zweite wird nach Reichenau fliegen. Mit jedem Schwarm zieht selbstverständlich auch ein Beichtvater, der ihre geistliche Leitung hat. Wir haben zu diesem Zwecke einen großen Zeltwagen, der die ganze Mannschaft zu bergen imstande ist. Wir nennen ihn „Arche Noes“, und mit vollem Rechte, weil man darin gegen die sintflutähnlichen Regengüsse sowie gegen die Sonne von Natal völlig geschützt ist, teilweise darin auch kochen und zweimal acht Personen aufnehmen kann.
Unsere Leser sehen, dass dem Kafferntum mit Gewalt und vollem Ernste zu Leibe gegangen wird. Überall spielt der hl. Joseph eine Hauptrolle, nicht bloß als Baumeister und Missionar, sondern auch als Novizenmeister; denn da wir lauter Neulinge haben, so habe ich unsere Roten Schwestern dem hl. Joseph auch als Novizenmeister unterstellt.
Es ist zwar das, was ich vom hl. Joseph fordere, viel: gute Novizen, gute Missionare und viel Geld. Man wird vielleicht sagen: In einem Josephsblättchen soviel Geld erbetteln, das ist von Pater Franz doch übertrieben. Man meint, er sei allein in der Welt, der bedürftig ist, oder als ob man bloß an seine Zulu denken sollte. Es grenzt das schon ans Unverschämte. Ich lasse mich gern „unverschämt“ nennen, aber nach vieljähriger Erfahrung bin ich zu der Praxis gekommen, alles dem hl. Joseph zuzumuten und alles von ihm zu erwarten. Ich mache jetzt schon 19 Jahre die großartigsten Geschäfte mit dem Zimmermann von Nazareth. Schon 19 Jahre fange ich neue Bauten an, ohne einen „Blutzger“ in der Tasche. Dann erst gehe ich zu diesem wunderbaren Baumeister, und jedesmal hat er mir das Ding, war es hoch oder nieder, aufgebaut oder doch das Geld durch seine Lieblinge oder Klienten vorstrecken lassen und zwar unverzinslich, mit der Rückzahlung auf den Jüngsten Tag. Deshalb sind bei uns manche Persönlichkeiten dieser Art in unser großes Buch eingetragen, aber ohne Zinsbüchlein. Alle holen sich ihre dafür entfallenen Zinsen bei einem reicheren und reelleren Manne als Pater Franz, nämlich bei dem unerschöpflichen Joseph von Nazareth.
Hier ist es am Platze, jene Priester und Lehrer, welche von mir schon die Aufnahme haben, zu erinnern, dass sie sich beeilen, da wir jetzt solche innerhalb und außerhalb des Klosters benötigen. Bei dieser Gelegenheit fällt mir ein, dass ich auch solche aufnehmen könnte, welche nicht gerade Trappisten werden wollten, wohl aber für unsere Mission Neigung und Lust in sich fühlen. Sie wären unserem Hause angegliedert wie ein 3. Orden. Sie wären aber meistens exponiert, mit einem Fuße im Kloster, mit dem anderen draußen – also Halbtrappisten.
Die Expositi stelle ich mir so vor. Wenn sie sich im Kloster aufhalten, stehen sie eine Stunde nach uns auf und beten, wenn Priester, mit uns das Brevier. Sie haben dieselbe Kost mit uns. Im Kloster tragen sie eine trappistenähnliche Kleidung, draußen eine eigene Kleidung. Die Arbeitszeit füllen sie aus mit Sprachenstudium, Theologie, Gesang, Musik, Lehrfach und kaffrischer Literatur. Draußen obliegt ihnen die Kaffernmission im weitesten Sinne des Wortes, und neben den Ausgängen die innere Seelsorge und geistliche Leitung der Lehr- und Arbeitsschwestern. Die Lehrer sind beschäftigt mit dem Schulfach in allen Zweigen. Sowohl die Priester als Lehrer legen dem Abt von Mariannhill zeitweilige Privatgelübde ab. Jene, welche ökonomische Kenntnisse haben, führen an den Missionsplätzen auch die äußere Wirtschaft. Natürlich beziehen solche Exponierte außer Kost und Kleidung keine Gehälter. Sie opfern ihre Kräfte zum Besten der Mission. Sie haben in gesunden und kranken Tagen ihre volle Verpflegung, bleiben auch als Invaliden in unserem Verbande und haben auf lebenslänglichen Unterhalt Anspruch. Im Kloster hätten sie teilweise, d. h. an gewissen Orten und zu gewissen Zeiten auch Stillschweigen.
Tales sacerdotes debent habere verum animarum zelum, sufficientem in theologia scientiam et bonam salutem, nec nimis in aetate profecti sint, ne in excursionibus per montosa labori succumbant. Per se intelligitur, pro externa missione a me non possent suscipi sacerdotes, qui a nostro Episcopo non obtinerent jurisdictionem.
Ich meine, nachdem schon so viele Tausend Priester in die amerikanische Mission gegangen und in Amerika, wie es scheint, kein Priestermangel mehr ist, so dürfte sich von nun an der Auswanderungszug drehen und den dunklen Weltteil aufsuchen. Ja ich glaube, der hl. Joseph, der als Patron der ganzen hl. Kirche gilt, wird es gewiss sehr wünschen, dass jener Weltteil, in dem er sieben Jahre missioniert hat, auch endlich im Christentum aufgeklärt werde. Ich gebe das eifrigen Priestern zum Bedenken, welche gern in der Mission wirken möchten, aber vor den Strengheiten der Trappisten zurückschrecken. Wir haben deshalb angefangen, die Litanei zum hl. Joseph zu beten, damit er uns recht gute Missionare oder Trappistenkandidaten zusenden möge.
Du aber, o hl. Joseph, lege dein mächtiges Wort ein! Jetzt gilt’s. Es gilt Millionen Menschen zu retten. Es gilt das Land, das dir einst Zuflucht gewährte, zu bekehren. Es gilt zu zeigen, vor aller Welt zu zeigen, welche große Gewalt du hast. Es gilt zu zeigen, dass wer dich anruft, auf keinen Fall leer ausgeht.
DER HL. JOSEPH, EIN GUTER LOTSE – April 1889
(Gehalten von Abt Franz Pfanner im Kapitelsaal in Mariannhill im April 1889 – „Josephsblättchen“ No. 9, pro 89)
„Hoc mare magnum et spatiosum manibus, illic reptilia, quorum non est numerus.” Ps. 103. “Das ist ein großes und weites Meer, darin gibt es eine Unzahl Getiere.“
Ich meine da ein zweifaches Meer, das von der deutschen Nordsee bis zum Indischen Ozean und das stille Weltmeer der Ewigkeit. Das erste haben wir alle schon durchschifft, aber das andere haben wir noch zu passieren.
Unser irdisches Leben ist wie eine Flussfahrt auf einem reißenden, klippenreichen, mit Sandbänken und Inseln angefüllten Strome, in dem allerlei giftige Würmer und schreckliche Ungeheuer, wie Krokodile und dergleichen hausen, ohne Zahl und Maß. Alle Augenblicke drohen sie, das Fahrzeug zu durchbohren oder umzustürzen. Und kommen wir dann endlich nach manchen Abenteuern am Gestade des Meeres an – nämlich beim Tode – dann heißt es einzusteigen in den großen Dampfer zur Fahrt über den weiten, stillen Ozean der Ewigkeit. Selbst für den Heiligen ist diese Fahrt schrecklich, da niemand gewiss ist, ob er den Hafen des Heils am anderen Gestade erreichen wird. Wer ist da der Lotse, der uns sicher führen wird, sowohl durch diesen Lebensstrom bis zum Einsteigehafen, als auch hinüber an das Gestade der Ewigkeit? Es ist der hl. Joseph. Wohl uns, wenn er sich einstellt und wehe uns, wenn er uns dort nicht beisteht! Wir brauchen den hl. Joseph sowohl als leiblichen wie auch als geistigen Lotsen.
Dass er auch ein leiblicher Lotse ist, mag weniger bekannt sein, aber wir Trappisten haben es erfahren, dass er das ist, und zwar schon in Bosnien.
Es war an einem sehr regnerischen Adventabend, als unser Wagen noch spät über den reißenden Vrbasfluss fahren musste. Hierzu diente eine fliegende Schiffsbrücke, die an einem Drahtseil hing. Das aber riss bei dem Toben des hochangeschwollenen Flusses. Als man mich von unserem Schlafsaale aus aufmerksam machte, sah ich nichts im Dunkel der Nacht, als ein Licht reißend schnell über den Fluss hinschwimmen. Es war das Fahrzeug mit drei Brüdern und dem angespannten Wagen darauf. Ich konnte nichts tun, als ihnen die Absolution nachschicken.
Dann unterbrach ich das Stillschweigen und rief: „Lauf, wer laufen kann!“ Alles stürzte aus den Schlafsälen. Man ergriff die nächstbesten Stangen, Haken, Laternen, Stricke und Seile. Fort ging es durch die finstere Nacht, durch die wassergefüllten Gräben, über die wasserbedeckten Fluren – um, wenn möglich, den gestrandeten Brüdern beizustehen.
Den Zurückbleibenden rief ich zu: „Gehen wir zum hl. Joseph – in die Kirche!“ Lange betete man dort, jeder nach seinem Herzensdrang. Endlich begab man sich wieder ins Bett. Längst schon hatte man von den Brüdern keinen Laut mehr gehört, kein Lichtflämmchen mehr gesehen.
Zuletzt legte ich mich ins Bett und schlief ein. Gegen 12 Uhr schellte man die Hausglocke. Auf meine Frage hinab in das Dunkel der regnerischen Nacht rief man mir zu: „Die Brüder leben noch; wir haben sie gefunden, etwa 2 Stunden von hier; sie sind mitten im Strom!“ Mir war es zumute, wie einst dem alten Jakob, als seine Söhne ihm berichteten: „Dein Sohn Joseph lebt noch.“
Die Brüder rüsteten sich mit Gerüstholz, Balken und Brettern, luden es auf den Wagen und fuhren zurück zum Schauplatze des Unglückes, um die Bedrohten eventuell auf einem Floße herauszuholen. Als wir um 2 Uhr, wie gewöhnlich, zur Mette aufstanden, ließ ich gemeinschaftlich in der Kirche zum hl. Joseph beten und so noch öfters des Morgens. Den ganzen Vormittag schwebten wir noch in Ungewissheit und Angst, da wir nichts von den Brüdern hörten. Es goss stets in Strömen vom Himmel, und es bestand Gefahr, dass das Schiff mit den Brüdern nochmals vom Flusse weitergerissen werde. Erst nachmittags um 2 Uhr kam der erste Bruder und erzählte mir folgendes: „Sobald das Schiff losriss, spannten wir die Pferde vom Wagen, damit sie frei seien und die Brüder sich an ihre Schwänze hängen könnten. Der jüngste Bruder, der Fuhrmann, wollte den zwei älteren das Vorrecht der Schwänze lassen, warf sich ins Wasser und schwamm ans nahe Ufer. Bald riss das Geländer von der Schiffsbrücke und löschte uns die Laterne aus. Es ging über Felsen und Sandbänke, es krachte und kreischte gewaltig; wir waren jeden Augenblick auf das Zerschmettern der Schiffsbrücke gefasst, wussten wir doch nur zu gut, wie viele Felsen im dortigen Flussbette steckten. Um uns war alles stockfinster. Wir wussten nicht wohin es ging.
Endlich stieß das Schiff an und blieb mitten im Flusse hängen; wir sahen aber nicht wo. Sobald es ruhig wurde, sprangen die Pferde hinaus. Wir aber rissen das Heu vom Sitze des Wagens, betteten uns auf die Schiffsbrücke hin und deckten uns mit Heu zu. Darauf wurden wir von reichlichen Schneeflocken bedeckt. Nach geraumer Zeit hörten wir das Rufen der nacheilenden Brüder und sahen ihr Licht. Wir zündeten Heu an, um uns bemerkbar zu machen. Doch die Brüder konnten im Dunkel der Nacht nichts zu unserer Befreiung tun. Erst im Laufe des Vormittags gelang es ihnen, zu uns Halberfrorenen hinüberzufahren und erst mittags brachten sie uns ans Ufer.“ Und wie?
Nichts an den Schiffen, nichts an der Brücke, weder am Wagen noch an den Brüdern war verletzt. Die Pferde waren gesund und waren alleine geradewegs nach Hause gegangen. Wahrlich, nicht nur ein Wunder, sondern eine ganze Reihe von Wundern! Wir können mit Recht sagen: der hl. Joseph hat geholfen; er hat den Lotsen gemacht.
Wir erfahren aber seine Hilfe unaufhörlich, weil er uns in dem Zeitraume von acht Jahren schon so viele Brüder und Missionsschwestern gebracht, und noch niemand von ihnen auch nur den geringsten Schaden oder Verlust erlitten hat. Auch die unzähligen Wagenladungen sind uns stets unversehrt und ungeschmälert zugekommen in „hoc mari magno et spatioso“ – von Hamburg oder London bis Durban, unserem Seehafen. Deshalb werden wir aber auch fortfahren, den hl. Joseph als großen Lotsen zu verehren. Wir brauchen ihn das ganze Jahr hindurch, weil unsere Leute einen großen Teil des Jahres entweder her oder hin auf dem Meere zu fahren haben.
Ich möchte, dass die ganze Welt es wisse, dass der hl. Joseph auch ein mächtiger Seefahrer ist.
Wir brauchen den hl. Joseph aber noch viel mehr als geistigen Lotsen. Als solcher kann er uns noch trefflichere Dienste tun, da er ja der beste Sterbepatron ist. Auf das kommt ja alles an – gut sterben zu können. Das ist die wichtigste Fahrt – hinüber in die Ewigkeit. O Ewigkeit, welch unermessliches Meer! O mare, quam magnum et spatiosum!
Ich wünsche allen unseren Freunden und Wohltätern diesen hl. Joseph als Beistand beim Sterben und als Geleitsmann (Lotsen) in die Ewigkeit.
PREDIGT ZUM FESTE DES HL. JOSEPH – 19. März 1896
Von Abt Franz Pfanner, Donnerstag, den 19.3.1896, in Emaus
Meine lieben Brüder und Schwestern!
Was ich heute am hl. Joseph besonders bewundere und was auch andere an ihm bewundern müssen, wenn sie es sehen und bemerken, das ist seine große Bescheidenheit. Diese Tugend ist es, die am hl. Joseph ganz besonders hervortritt; denn schon ein gutgemaltes Bild, das uns vor die Augen kommt, lässt uns den hl. Joseph nie anders als bescheiden erscheinen. Oder was sagt uns sein Benehmen, wie wir es überall lesen. Was lehrt es uns anders als Bescheidenheit? Er, der von Ewigkeit bestimmt war, der Erzieher und Vater des menschgewordenen Wortes zu sein, trat überall ganz still und bescheiden zurück. Dass der hl. Joseph bescheiden war, lässt sich auch schon daraus entnehmen, dass niemand ihn kannte und von ihm etwas wusste.
Die Legende erzählt: Als aber der Zeitpunkt gekommen war, an dem nach der Anordnung Gottes der allerseligsten Jungfrau Maria ein Beschützer und Gemahl gegeben werden sollte, da wusste man nicht, wen man wählen sollte und wer würdig genug sei, dieses hohe Amt zu verwalten. Nun beschloss man, dass derjenige Jüngling, dessen Stab blühen werde, zum Bräutigam Mariens erwählt werden sollte. Und – o Wunder! Der Stab des armen Zimmermanns von Nazareth, der ganz vergessen und unbekannt lebte, fängt an zu grünen und zu blühen. – Niemand in ganz Nazareth hatte eine Ahnung von der erhabenen Würde Josephs. Immer und überall sehen wir ihn eher als einen Diener Mariens und des kleinen Jesus als deren Hausherrn.
Betrachten wir ihn auf dem Wege nach Bethlehem, wie er als Bedienter Mariens das Lasttier führt und dort von Haus zu Haus geht, Herberge für diese arme, verlassene Jungfrau, die doch bald Mutter werden sollte, zu suchen. Wie muss es ihn geschmerzt haben, als er überall abgewiesen wurde und endlich in einem alten Stall, in welchem nur eine arme Krippe war, zu bleiben gezwungen war. Wie benahm sich denn der hl. Joseph, dieses Vorbild der Bescheidenheit, als die Hirten zur Krippe kamen? Still und schweigend stand er rückwärts und nur Maria sehen wir mit dem kleinen Jesus beschäftigt.
Ebenso bescheiden war sein Verhalten später, als die Weisen mit ihrem Gefolge aus dem Morgenland kamen. Nie hören wir, dass der hl. Joseph sich gerühmt hätte, aus königlicher Abkunft oder der Vater Jesu Christi zu sein. Hätte er nicht, als die drei Weisen kamen, sagen können: „Seht, ich bin der Vater dieses Kindes, mir hat Gott es anvertraut, ich habe die Aufgabe es zu unterrichten und zu ernähren.“ Und ganz gewiss, die Weisen hätten auch ihm ihre Aufwartung gemacht und ihm ihre Huldigung dargebracht.
Wenn man zum Papst oder zu einem König oder Fürsten geht, so unterlässt man es nicht, und man würde es als eine Kränkung und Beleidigung des Fürsten ansehen, wenn man seinen Hof verließe, ohne seinem ersten Kardinal oder Minister seine Aufwartung gemacht zu haben.
Als dann später der hl. Joseph mit Maria und dem Kinde Jesu in den Tempel ging, wie wird er da als Diener für das Kindlein gesorgt haben, und höchst wahrscheinlich ist es, dass er der Mutter das Kind abgenommen und getragen hat. Nie hören wir vom hl. Joseph ein Wort des Vorwurfes oder Verweises; als die Eltern nach dreitägigem Verluste das Kind im Tempel fanden, hören wir Maria, welche dem Jesusknaben den zarten Verweis gab: „Kind, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.“
Wann der hl. Joseph gestorben ist, wissen wir gar nicht und auch das lässt uns wieder sein bescheidenes, verborgenes Leben erkennen.
Wohl gibt es auch in dieser Zeit noch Menschen, die die Bescheidenheit üben und es für einen sehr großen Fehler gegen den Anstand halten würden, wenn sie in Gesellschaften oder überhaupt bei Zusammenkünften, älteren Leuten in die Rede fallen würden. Aber bei diesen ist es noch keine Tugend, sondern nur etwas Angelerntes. Wenn sich nun diese Menschen, bloß um anständig und bescheiden zu erscheinen, so viel Mühe geben, um wieviel mehr sollen wir die Tugend der Bescheidenheit üben, da wir ja den hl. Joseph zum Vorbild haben. Seine Bescheidenheit entsprang aber aus seiner überaus großen Demut. Weil er sich nicht für würdig hielt seines hohen Amtes, eben deswegen war er so sehr zurückgezogen.
Bitten wir also heute, am Feste dieses großen Heiligen, um diese schöne Tugend und wir werden dieselbe gewiss erlangen. Amen.
PREDIGT AM FESTE DES HL. JOSEPH – 19. März 1898
Von Abt Franz Pfanner, 19.3.1898 in Emaus
Der liebe Gott hat den hl. Joseph zu einer so hohen und erhabenen Würde, nämlich zum Nähr- und Pflegevater seines göttlichen Sohnes bestimmt, weil er ein so heiliger und gerechter Mann war.
Er war nur ein einfacher Zimmermann im kleinen Städtchen zu Nazareth und konnte sich und seiner Familie nur mit der größten Mühe den nötigen Unterhalt verschaffen. Doch hat er es verstanden, in seinem niedrigen und äußerlich vor den Menschen verachteten Stande, eine so hohe und erhabene Stufe der Heiligkeit zu erringen, weil er, obschon mit viel Arbeit beschäftigt, dennoch beständig sein Herz mit Gott im Gebete und hl. Betrachtung unterhielt, weil alle seine Schritte und Tritte, alle seine Mühen und Opfer durch die gute Meinung gleichsam gewürzt waren. Deshalb ist der hl. Joseph alle Tage gestiegen von Tugend zu Tugend und hat sich zu einer so hohen Heiligkeit emporgeschwungen.
Wenn wir nun einen hl. Joseph und gar keine anderen Heiligen oder alle Heiligen und keinen hl. Joseph hätten, so wäre es besser, dass wir nur einen hl. Joseph und gar keine anderen Heiligen hätten; denn nach der Muttergottes übersteigt er alle anderen Heiligen weit an Tugend und Heiligkeit, und ist im Himmel am Throne Gottes ein großer Fürsprecher, Beschützer und Pflegevater auch für uns.
Welch ein erhabenes Beispiel gibt uns der hl. Joseph! Einige meinen, dass sie wegen der vielen Sorgen und äußeren Beschäftigungen nicht beten und im geistlichen Leben voranschreiten können. Und doch haben ja im Kloster nur die Obern die Sorgen; wenn man seine Arbeit treu und gewissenhaft verrichtet und wenn man recht gehorsam ist, hat man weiter keine Sorgen.
Der hl. Joseph hatte jeden Tag viele Sorgen, wie er seine Familie ernähren sollte, und doch war er ein so innerlicher Mann, weil er das eine tat und das andere nicht unterließ; weil er wohl verstanden das Wort des Herrn: „Bete und arbeite.“ Äußerlich große und vor den Augen der Menschen glänzende und heldenmütige Taten hat der hl. Joseph nicht vollbracht. Sein Tagewerk war immer nur schlichte und einfache Zimmermannsarbeit. Wieder ein Beispiel für uns, dass auch die niedrigste und verachtetste Arbeit, wenn sie in guter Meinung verrichtet wird, einen großen Wert vor Gott hat. Auch hat der hl. Joseph nicht viel Zeit gehabt in der Synagoge zu knien und zu beten, weil er ja vom frühen Morgen bis zum späten Abend sein Brot im Schweiße des Angesichtes für sich und seine Familie verdienen musste. Daraus sollen wir lernen, dass nicht das Gebet allein, sondern jede Mühe und Arbeit, sei sie groß oder klein, wenn sie mit Fleiß und im Gehorsam und guter Meinung verrichtet wird, auch Gebet ist und ihren Lohn gewiss nicht verlieren wird. Darum ist es nicht unerlaubt, wenn auch die freie Zeit zur Arbeit benutzt werden muss. Man soll auch im Kloster nicht denken: jetzt hat es geläutet, da ist für mich freie Zeit. Jetzt lass ich alles liegen und stehen und gehe in die Kapelle zum Gebet. Nein, wenn viel Arbeit da ist, soll man gerne bereit sein, sie zu verrichten. Gewiss wird man den Lohn nicht verlieren. Man soll nach dem Beispiele des hl. Joseph das eine tun und das andere nicht unterlassen, d. h. die Arbeit mit dem Gebet verbinden und beständig in Gottes Gegenwart wandeln. Dann werden wir auch auf die Fürsprache des hl. Joseph, um die wir täglich bitten sollen, mit Gottes Gnade und Hilfe den Weg der Vollkommenheit mutig betreten, oder den schon begonnenen mit großem Eifer fortsetzen. Amen.
Wenn wir immer daran denken würden, dass das, was wir tun und wie wir es tun, für die Ewigkeit getan wird, so würden wir es sicher gut tun.