Eine Fernsehzuschauerin hat am Sonntagabend einen Beitrag beim Weltspiegel über Papua Neuguinea geschaut. Danach hatte sie etliche Fragen. Pater Arnold Schmitt CMM hat darauf mit folgenden Ausführungen reagiert: “Papua-Neuguinea ist ein Land, in dem die Männer dominieren. Trotzdem sind nach meiner Beobachtung die Frauen das eigentlich “starke” Geschlecht. Das bedeutet, es sind die Frauen, die die Familien zusammenhalten und ein Überleben möglich machen. Die Frauen sind auch diejenigen, die am aktivsten in den Kirchen sind.
Gewalt gegen Frauen ist leider ein trauriges Kapitel in diesem Land. Grundsätzlich gibt es sehr viel Gewalt. Das hat auch damit zu tun, dass PNG lange ein Land war, in dem es nur Dörfer gab mit ihren je eigenen Regeln und Gesetzen.
Dorfälteste und die Tradition sorgten dafür, dass die Menschen gemäß den kulturellen Normen und Regeln lebten. Wenn es einen Konflikt gab, wurde diskutiert und geredet, bis eine Übereinkunft getroffen wurde, die für alle akzeptabel war – auch wenn dieser Prozess Stunden und Tage erforderte. Jetzt aber leben viele Menschen in Städten unter Menschen aus anderen Provinzen und Gemeinschaften. Die strengen Regeln und Gesetze der Dorfgemeinschaft gelten hier nicht und der Staat mit seinen Gesetzen ist weit weg und schwach. In den Dörfern haben die Dorfältesten oft keine Macht mehr. Dazu kommen neue Probleme wie Drogen und Alkohol, sowie der langsame Verfall von traditionellen Gebräuchen und Normen.
Schulwesen und Krankenfürsorge (das Gesundheitssystem) sind andere Problemfelder. Das Bildungsniveau sinkt ständig und Menschen sterben in PNG oft an Krankheiten, die wir in Deutschland gut behandeln können. Das ist einer der Gründe, warum wir in Papua-Neuguinea mehr und mehr Fälle von Hexenverfolgung haben. Gerade heute hörte ich von einem Fall, der ganz typisch ist: Ein erfolgreicher Geschäftsmann stirbt plötzlich und eine Frau wird verdächtigt, ihn durch eine Betelnuss vergiftet und verzaubert zu haben. Die Frau wird von einigen Männern geschlagen, vielleicht sogar gefoltert, selbst wenn sie bestreitet, etwas Böses getan zu haben. Schließlich verdächtigt sie eine andere Person als Hexe. In dem Fall heute hat glücklicherweise die Polizei eingegriffen und eine gerichtsmedizinische Untersuchung beauftragt, um die wahre Todesursache herauszufinden. Es kann sehr gut sein, dass der Mann vielleicht an Tuberkulose gestorben ist, oder einen Herzfehler hatte, oder seinem eigenen ungesunden Lebensstil zum Opfer fiel. Es kann aber auch geschehen, dass jemand vom Krankenhaus den Verwandten sagt: „Es sei ein Fall von Hexerei gewesen, denn man hätte beim Toten keine Leber gefunden“… Unwissenheit, Aberglaube, und das urmenschliche Bemühen, eine Ursache zu finden und jemand anderem die Schuld zu geben, spielen hier zusammen.
Als Deutsche müssen wir vorsichtig sein, die Menschen in Papua-Neuguinea zu verurteilen. Warum? Bis vor 450 Jahren haben wir auch viele Hexen und Hexer verurteilt, gefoltert, verbrannt und getötet. Und die Opfergruppen damals waren dieselben wie hier in Papua-Neuguinea: Witwen; Menschen, die keine Familie haben; Menschen, ohne eine Stimme… Und wie bei uns vor vielen, vielen Jahren spielen auch Neid, Missgunst oder Gier eine große Rolle. (Ich hätte gerne dieses Stück Land und ich kann es bekommen, wenn die Besitzer in die Stadt ziehen, denn sie haben Angst vor der Beschuldigung Hexerei zu betreiben). Wir Missionare sprechen uns gegen all dies aus. Aber ich spüre immer, dass ich als “Ausländer” darin kein Gehör finde. Die Menschen denken wohl: “Der Pater ist dagegen, aber er ist halt ein Weißer – der versteht das nicht.” Wie haben wir Deutsche vor 450 Jahren davon abgelassen Hexen zu verbrennen? Es gab einzelne mutige Menschen, die sich nicht davor scheuten, die Wahrheit auch gegen die Mehrheit auszusprechen. Mehr Erziehung und was wir heute “Aufklärung” nennen. Medizinscher Fortschritt. Eine Theologie die klarer die Position vertritt, dass Gott immer auf der Seite der Opfer steht, nicht auf der Seite der Täter …
Doch trotz all dieser Schwierigkeiten ist Papua-Neuguinea ein besonders schönes Land mit einer faszinierenden Vielfalt an Kulturen, Pflanzen, Tieren, Sprachen und Weltrekorden.