„Vergiftetes Wasser und bislang unvorstellbare Überschwemmungen als Folge des menschengemachten Klimawandels bedrohen das Leben der indigenen Gemeinschaften im Amazonasgebiet.“ Das erklärt der Leiter des Auslandsbereichs beim Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Thomas Wieland anlässlich des Weltwassertags, der 1993 von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen und seit dem immer am 22. März gefeiert wird. In diesem Jahr steht er unter dem Motto „Leveraging Water for Peace“, um auf die Bedeutung von Wasser für den Frieden hinzuweisen.
„Gerecht verteiltes Wasser für alle Menschen bedeutet Leben und Frieden. Im Amazonasgebiet erleben wir das Gegenteil: Wasser bedroht den Frieden und vernichtet Leben“, stellt Thomas Wieland fest. Gründe dafür sieht der Adveniat-Experte zum einen darin, dass in bislang unberührten Urwaldgebieten Bodenschätze aus Erde und Flüssen gewonnen werden. Um etwa Gold für die Produktion in den westlichen Industriestaaten zu waschen, werden ganze Flüsse mit Quecksilber verseucht. Indigene vergiften sich, weil sie das Wasser trinken oder die Fische essen. „Zum anderen folgen auf nichtgekannte Dürreperioden gigantische Überschwemmungen in den früher einmal immer feuchten Regenwäldern“, so Wieland.
An schwankende Pegelstände sind die Menschen im Amazonasgebiet gewöhnt und haben seit Jahrhunderten entsprechend hochwassersicher gebaut. Doch Bischof Eugenio Coter von Pando im bolivianischen Amazonasgebiet musste mit den Menschen dort erleben, wie der Amazonas-Nebenfluss Arce Zerstörung und Leid über die Menschen in der Stadt Cobija brachte. Der Pegel stieg zwischen dem 26. und 29. Februar 2024 auf 18 Meter über dem normalen Stand. Aufgrund der massiven Abholzung flussaufwärts fluteten die Wassermassen ungehindert Straßen, Plätze und Häuser. „Von vielen Häusern war nur noch die Spitze des Daches zu sehen“, berichtet Bischof Coter. Insgesamt 43 Todesopfer forderte allein dieses Hochwasser in Bolivien. Die Menschen in Cobija blieben mit zerstörten Häusern und verschlammten Straßen zurück. „Die Experten nennen das die Folgen des Anthropozän, des vom Menschen bestimmten Erdzeitalters. Wir nennen es menschliche Dummheit genährt von Gewinn- und Besitzstreben“, so Bischof Coter. „Der Welttag des Wassers mahnt uns, die Umgebung zu respektieren, wo das Wasser fließt.“
Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat unterstützt mit seinen Partnerinnen und Partnern des Vikariats Pando die Betroffenen mit einer Nothilfe in Höhe von 11.000 Euro bei der Versorgung mit Lebensmitteln. „Wir wollen die Menschen aber auch in die Lage versetzen, sich gegen eine „Wirtschaft, die tötet“ zu wehren – wie es Papst Franziskus klar benannt hat“, erklärt Thomas Wieland. Deshalb habe Adveniat den Kauf eines Laborgerätes zur Untersuchung von Schadstoffen im Wasser finanziert. „Dank der Ergebnisse können die indigenen Gemeinschaften gewarnt, aber vor allem auch die Straftaten des illegalen und legalen Bergbaus aufgedeckt werden“, so Wieland. „Die örtlichen Wasserkooperativen, die die Menschen in Bolivien üblicherweise mit Trinkwasser versorgen, nutzen diese Analysedaten der Kirche, weil sie den offiziellen Stellen misstrauen.“ In der gesamten Region dringen zum Beispiel Goldgräber immer tiefer in die Schutzgebiete der indigenen Völker ein. „Der Weltwassertag ist für uns kein bloßer Gedenktag, sondern der Auftrag, die Strukturen so zu verändern, dass der Zugang zu sauberen Wasser das Leben der Menschen und den Frieden untereinander sichert“, so der Leiter der Adveniat-Auslandsbereichs Thomas Wieland.
Adveniat, das Lateinamerika-Hilfswerk der katholischen Kirche in Deutschland, steht für kirchliches Engagement an den Rändern der Gesellschaft und an der Seite der Armen. Getragen wird diese Arbeit von vielen Spenderinnen und Spendern – vor allem auch in der alljährlichen Weihnachtskollekte am 24. und 25. Dezember. Adveniat finanziert sich zu 95 Prozent aus Spenden. Die Hilfe wirkt: Im vergangenen Jahr konnten 1.500 Projekte mit rund 32 Millionen Euro gefördert werden, die genau dort ansetzen, wo die Hilfe am meisten benötigt wird: an der Basis, direkt bei den Menschen vor Ort.